Insolvenzverfahren: Schritt für Schritt
Von der Anmeldung Ihrer Ansprüche über die Prüfung Ihrer Forderungen bis zur Auszahlung des Insolvenzentgeltes.
Ein Unternehmen meldet Insolvenz an. Die ArbeitnehmerInnen müssen jedoch nicht leer ausgehen: Bei einer Insolvenz sind die Ansprüche der ArbeitnehmerInnen durch den Insolvenz-Entgeltfonds (IEF) gesichert.
Insolvenz-Entgelt gibt es dann, wenn der Arbeitgeber auf Grund eines Insolvenztatbestandes (insbes. die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder die Abweisung bei Vermögenslosigkeit) nicht mehr in der Lage ist, die offenen Ansprüche der ArbeitnehmerInnen zu bezahlen.
Anspruch auf Insolvenz-Entgelt haben alle ArbeitnehmerInnen (einschließlich der Lehrlinge), freie DienstnehmerInnen und HeimarbeiterInnen sowie deren Hinterbliebene oder Erben.
Keinen Anspruch auf Insolvenz-Entgelt haben insbes. WerkvertragsnehmerInnen und sonstige atypisch Beschäftigte ohne Arbeitsvertrag und ArbeitnehmerInnen, die in einem Dienstverhältnis zum Bund, zu einem Bundesland, zu einer Gemeinde, zu einem Gemeindeverband stehen. Auch Gesellschafter, denen beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft zusteht, haben keinen Anspruch auf Insolvenz-Entgelt.
Die offenen Forderungen sind im Insolvenzverfahren beim zuständigen Gericht anzumelden. ArbeitnehmerInnen sind, im Gegensatz zu den anderen Gläubigern, nicht auf die bloße Quote angewiesen. Sie erhalten die offenen Forderungen (bis auf im Gesetz geregelte Ausnahmen) als Insolvenz-Entgelt ausbezahlt.
Voraussetzung dafür ist, dass ArbeitnehmerInnen ihre Forderungen bei Gericht anmelden und bei der IEF-Service GmbH (Insolvenz-Entgelt-Fonds) beantragen.
ArbeitnehmerInnen erhalten Insolvenz-Entgelt für laufende Entgelte (Löhne, Gehälter, Überstunden etc), Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld), allfällige Kündigungsentschädigung und Urlaubsersatzleistung höchstens bis zu einem monatlichen Bruttobetrag von 10.740 Euro (im Jahr 2020). Dieser Betrag ist abhängig von der jährlich festgesetzten Höchstbeitragsgrundlage zur gesetzlichen Sozialversicherung.
Davon werden die Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung sowie eine vorläufige pauschale Lohnsteuer von 15% abgezogen. Unter Berücksichtigung von Steuerfreibeträgen ergibt sich eine effektive Steuer von 12%.
Die endgültige Lohnsteuer wird vom Finanzamt im Rahmen der verpflichtenden Arbeitnehmerveranlagung ("Lohnsteuerausgleich") festgesetzt, wobei es entweder zu Lohnsteuer-Nachforderungen oder zu Rückerstattungen durch das Finanzamt kommen kann. Dazu teilt die IEF-Service GmbH dem Finanzamt jene Zeiträume und Beträge mit, für die das Insolvenz-Entgelt zugesprochen worden ist.
Für gesetzliche Abfertigungsansprüche erhalten Sie im Jahr 2020 Insolvenz-Entgelt pro Monatsbetrag Abfertigung bis brutto 5.370 Euro ungekürzt. Steht ein höherer Monatsbetrag zu, erhalten Sie darüber hinaus nur mehr die Hälfte des Differenzbetrages, jedoch nicht mehr als brutto 8.055 Euro. Die Lohnsteuer beträgt 6%.
Für Ansprüche aus nicht ausgeglichenem Zeitguthaben (Gutstunden) erhalten Sie maximal brutto 44,75 Euro (Wert für das Jahr 2020) pro Stunde (inklusive Zuschlag).
Um den Anspruch auf Insolvenzentgelt nicht zu verlieren, muss der Antrag binnen sechs Monaten ab
Die 6-monatige Antragsfrist beginnt wieder neu zu laufen, wenn das Arbeitsverhältnis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet wird.
Gesichert sind die Ansprüche aus dem
Arbeitsverhältnis, die innerhalb der letzten 6 Monate vor der
Insolvenzeröffnung bzw. des Abweisungsbeschlusses oder 6 Monate vor Ende
des Arbeitsverhältnisses fällig waren. Ältere Ansprüche sind nur gesichert, wenn sie beim Arbeitsgericht innerhalb von 6 Monaten (ab Fälligkeit) eingeklagt wurden. Der Anspruch darf nicht auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen verfallen oder verjährt sein.
Bis zur Berichtstagsatzung sind die Löhne und Gehälter sowie das Urlaubs- und Weihnachtsgeld gesichert. Nach der Berichtstagsatzung müssen Sie austreten, wenn der Insolvenzverwalter bzw. der Arbeitgeber erstmals Lohn oder Gehalt nicht oder nur teilweise auszahlt. Treten Sie nicht aus, verlieren Sie den Anspruch auf Insolvenz-Entgelt für das laufende Entgelt auch in der Zukunft!
Der Sicherungszeitraum endet jedenfalls mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens!
Findet keine Berichtstagsatzung statt, sind Ihre Ansprüche bis zum Ende
des dritten Monats, der auf die Eröffnung folgt, gesichert. Danach
müssen Sie den Austritt erklären, wenn sie erstmals keine (vollständige)
Zahlung erhalten.
Im Fall der Abweisung mangels kostendeckendem Vermögens endet der
Sicherungszeitraum mit dem Ende des dritten Monats, der auf den
Abweisungsbeschluss (Beschlussdatum) folgt.
Damit Sie keine Ansprüche verlieren, wenden Sie sich unverzüglich an die Arbeiterkammer, wenn erstmals Forderungen nicht oder nur teilweise bezahlt werden.
Forderungen, die danach entstehen, sind nicht durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds gesichert und müssen direkt gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden.
Es gibt auch Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis, die nicht gemäß IESG gesichert sind. Insbesondere freiwillige Abfertigungen und Kündigungsentschädigungen, die über das gesetzliche bzw kollektivvertragliche Ausmaß hinausgehen, sind vom Insolvenz-Entgelt ausgenommen. Ansprüche, die älter als 6 Monate sind, liegen außerhalb des gesicherten Zeitraumes.
Für diese ungesicherten Ansprüche können Sie nach Abschluss des Insolvenzverfahrens eine Quote erhalten, sofern die Forderungen vom Insolvenzverwalter anerkannt sind und eine Verteilung an die Gläubiger stattfindet.
Hier erhalten Sie kompetente Hilfe:
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