Diskriminierung verboten!
Die Benachteiligung von ArbeitnehmerInnen mit Behinderung ist gesetzlich verboten. Doch wie wehrt man sich, wenn Arbeitgeber sich nicht daran halten?
Gebärdensprache
Die Gebärdensprachvideos des ServiceCenters ÖGS.barrierefrei, informieren gehörlose und hörbeeinträchtigte Arbeitnehmer:innen über ihre Rechte in der Arbeitswelt. Hier geht's zu den Videos: Kündigungsschutz + Auflösung des Arbeitsverhältnisses.
Durch den Kündigungsschutz sind Arbeitnehmer:innen mit Behinderung besonders geschützt. Nach dem Behinderteneinstellungsgesetz gilt der besondere Kündigungsschutz für begünstigte behinderte Arbeitnehmer:innen - das sind Menschen, deren Grad der Behinderung von mindestens 50 % durch Bescheid des Sozialministeriumservice festgestellt wurde. Er soll verhindern, dass begünstigte behinderte Arbeitnehmer:innen in sozial ungerechtfertigter Weise gekündigt werden.
Erhöhter Kündigungsschutz bedeutet, dass Arbeitgeber:innen vor Ausspruch einer Kündigung die Zustimmung des Behindertenausschusses einholen muss. Dieser ist bei der jeweiligen Landesstelle des Sozialministeriumservice eingerichtet. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung ist rechtsunwirksam, wenn der Behindertenausschuss nicht in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteilt.
Achtung!
Ein Ausnahmefall, der die nachträgliche Zustimmung rechtfertigt, ist gegeben, wenn Arbeitgeber:innen zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung nicht bekannt war, dass der:dem Arbeitnehmer:in dem Personenkreis der begünstigten behinderten Menschen angehört.
Bei nachträglicher Zustimmung zur Kündigung wird diese rückwirkend mit dem Zeitpunkt der Kündigung wirksam.
Im Kündigungsverfahren ist es Aufgabe des Behindertenausschusses zu prüfen, ob ein Kündigungsgrund vorliegt, ob eine Weiterbeschäftigung zumutbar wäre und ob das Diskriminierungsverbot eingehalten wurde. Gegen Entscheidungen des Behindertenausschusses kann eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht eingebracht werden.
Die Kündigungsfrist für begünstigte behinderte Arbeitnehmer:innen beträgt mindestens vier Wochen.
Den Kündigungsschutz gibt es erst nach einer gewissen Dauer des Arbeitsverhältnisses: Bei Arbeitsverhältnissen, die bis zum 31.12.2010 abgeschlossen wurden, trat der Kündigungsschutz für begünstigte behinderte Arbeitnehmer:innen nach dem Ablauf von sechs Monaten (ab Beginn des Arbeitsverhältnisses) ein.
Beispiel
Ein:e Arbeitnehmer:in ist bereits seit Juli 2008 in einem Unternehmen beschäftigt. Mit November 2018 wird (nachdem er einen entsprechenden Antrag beim Sozialministeriumservice eingebracht hat) mit Bescheid die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten behinderten Personen festgestellt. Da das Arbeitsverhältnis des:der Arbeitnehmer:in schon länger als 6 Monate gedauert hat, ist der Kündigungsschutz bereits wirksam.
Für Arbeitsverhältnisse, die ab dem 1.1.2011 neu begründet werden, wird der Kündigungsschutz für Menschen, die den Begünstigtenstatus bei Begründung des Arbeitsverhältnisses bereits haben, erst nach dem Ablauf von 4 Jahren (ab Beginn des Arbeitsverhältnisses) wirksam.
Anderes gilt für Menschen, die den Begünstigtenstatus bei Begründung des Arbeitsverhältnisses noch nicht haben, ihn jedoch innerhalb des Vierjahreszeitraumes feststellen lassen: Hier wird der Kündigungsschutz wie bisher bereits nach dem Ablauf von 6 Monaten (ab Beginn des Arbeitsverhältnisses) wirksam. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Behinderung bei Aufnahme des Arbeitsverhältnisses bereits bestanden hat oder erst nachträglich eingetreten ist.
Wenn jemand auf Grund eines Arbeitsunfalls den Begünstigtenstatus erhält, dann tritt der besondere Kündigungsschutz unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses sofort ein.
Achtung!
Bei der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses, dem Ende eines befristeten Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf oder bei berechtigter fristloser Entlassung gilt der besondere Kündigungsschutz nicht.
Bei begünstigten behinderten ArbeitnehmerInnen, die Mitglieder des Betriebsrates, der Personalvertretung oder Jugendvertrauensrates sind oder die als Behindertenvertrauensperson (Stellvertreter:innen) tätig sind, gelten die Kündigungsschutzbestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes.
Auch das Arbeitsverhältnis mit einem:einer begünstigten behinderten Arbeitnehmer:in kann aufgelöst werden. Eine Kündigung nach dem 6. Monat bzw. 4. Jahr der Beschäftigung ist dann wirksam, wenn der Behindertenausschuss der beabsichtigten Kündigung zustimmt.
Das Arbeitsverhältnis kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auch vorzeitig, das heißt ohne Einhaltung von Fristen und Terminen, durch einseitige Erklärung (Entlassung, Austritt) aufgelöst werden. Liegt jedoch kein wichtiger Grund vor, wäre eine vom:von der Arbeitgeber:in ausgesprochene Entlassung unberechtigt. Diese ist ungültig und der:die Arbeitnehmer:in kann zwischen dem Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses oder der Geltendmachung von Schadenersatz wählen. Eine unberechtigte Entlassung kann nur beim Arbeits- und Sozialgericht angefochten werden.
Ein vorzeitiger Austritt durch den:die Arbeitnehmer:in ist möglich, wenn wichtige Gründe vorliegen, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen. Diese Lösungsart sollte niemals voreilig und immer erst nach Rücksprache mit der Arbeiterkammer oder der zuständigen Fachgewerkschaft gewählt werden.
Eine einvernehmliche Lösung erfolgt freiwillig auf Grund einer Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer:in und Arbeitgeber:in, am besten in schriftlicher Form. Anzuraten ist, bevor eine einvernehmliche Lösung unterschrieben wird, sich von der Arbeiterkammer oder Fachgewerkschaft beraten zu lassen.
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