Tatort Arbeitsplatz
Spott, Bedrohung, Schläge: Gewalt in der Arbeit kommt vor allem in der Dienstleistungsbranche viel zu häufig vor. Wie lässt sie sich verhindern?
Das Gleichbehandlungsgesetz gilt jedenfalls für alle Arbeitnehmer:innen, die einen privatrechtlichen Arbeitsvertrag haben. Es gilt aber auch für arbeitnehmerähnliche Beschäftigungsverhältnisse beziehungsweise für Heimarbeiter:innen.
ACHTUNG
Für öffentlich Bedienstete gibt es zum Teil eigene Regelungen!
Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet Diskriminierungen in der Arbeitswelt auf Grund
Vom Schutz des Gleichbehandlungsgesetzes sind nun auch erfasst und Diskriminierungen in Zusammenhang damit verboten:
Der Schutz gilt hier unabhängig davon, ob eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts vorliegt oder nicht.
Arbeiterkammern und Gewerkschaften haben Schritt für Schritt Erweiterungen und Verbesserungen durchgesetzt. Dieser Prozess ist freilich bei weitem noch nicht abgeschlossen.
Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung ist insbesondere verboten:
Achtung: Auch sexuelle oder geschlechtsbezogene Belästigungen sind unzulässige Diskriminierungen.
Eine Diskriminierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz liegt vor, wenn eine Person zum Beispiel auf Grund ihres Geschlechts eine ungünstigere Behandlung erfährt, ohne dass es dafür eine sachliche Rechtfertigung gibt. Die unsachliche unterschiedliche Behandlung kann unmittelbar oder mittelbar sein. Das Gleichbehandlungsgesetz untersagt beides.
Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Arbeitnehmerin/ein Arbeitnehmer auf Grund eines im Gleichbehandlungsgesetz geschützten Merkmales also zum Beispiel Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit oder sexuelle Orientierung in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person.
2 Beispiele
Bei der mittelbaren Diskriminierung wird auf den ersten Blick nicht offen nach dem geschützten Merkmal zum Beispiel Geschlecht unterschieden. Auf den zweiten Blick ist die unsachliche Benachteiligung eines Geschlechtes aber zu erkennen.
Beispiel
Es wird nach dem Kriterium „Arbeitszeit“ beziehungsweise „Beschäftigungsausmaß“ unterschieden: Teilzeitbeschäftigte erhalten in einem Betrieb einen geringeren Stundenlohn oder werden nicht in die Betriebspensionsregelung einbezogen. Da sehr viel mehr Frauen als Männer teilzeitbeschäftigt sind, sind im Ergebnis Frauen diskriminiert.
AUSNAHME: Eine mittelbare Diskriminierung liegt allerdings nicht vor, wenn die Vorschriften sachlich gerechtfertigt, angemessen und erforderlich sind, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
ACHTUNG
Im Einzelfall ist oft strittig, was als sachliche Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gelten darf. Ihr Betriebsrat, Ihre Gewerkschaft, Ihre Arbeiterkammer und die Gleichbehandlungsanwaltschaft beraten Sie in dieser Frage.
Sie können wahlweise beim Arbeits- und Sozialgericht klagen, einen Antrag an die Gleichbehandlungskommission stellen, zuerst die Kommission, dann das Gericht oder Gericht und Kommission gleichzeitig befassen.
Für Verfahren beim Arbeits- und Sozialgericht können Sie Rechtsschutz von der Arbeiterkammer oder der Gewerkschaft bekommen.
Institutionen der Gleichbehandlung
Das Gleichbehandlungsgesetz normiert folgende Ansprüche beziehungsweise Sanktionen bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes.
Verletzt der Arbeitgeber das Gleichbehandlungsgebot und kommt das Arbeitsverhältnis dadurch nicht zu Stande, hat die Stellenbewerberin/der Stellenbewerber Anspruch auf Schadenersatz.
Beispiel
Der Arbeitgeber verweigert die Einstellung, wenn kein negativer Schwangerschaftstest vorgelegt wird oder lehnt eine Bewerbung mit dem Hinweis auf einen möglichen Kinderwunsch ab.Höhe des Schadenersatzes
mindestens 2 Monatsentgelte, wenn die Stellenbewerberin/der Stellenbewerber bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte oder bis 500 Euro, wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass der Schaden lediglich darin besteht, dass die Berücksichtigung der Bewerbung verweigert wird.
Erhält eine Arbeitnehmerin (ohne sachliche Rechtfertigung) für eine gleiche oder gleichwertige Arbeit ein geringeres Entgelt als ein Arbeitnehmer (und umgekehrt), so hat sie/er Anspruch auf gleiche Entlohnung beziehungsweise auf Bezahlung der Differenz (maximal 3 Jahre zurück), zusätzlich besteht Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
Entgelt ist, was die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer für ihre/seine Arbeitsleistung erhält. Dazu zählen neben Gehalt/Lohn beispielsweise Überstundenentgelt, Zulagen, Prämien, Leistungen für Angehörige im Krankheits- oder Todesfall.
Beispiel
Arbeitgeber und private Arbeitsvermittler:innen sind verpflichtet, in der Stellenausschreibung das für den ausgeschriebenen Arbeitsplatz geltende (kollektivvertragliche) Mindestentgelt anzugeben und darauf hinzuweisen, wenn eine Bereitschaft zur Überzahlung besteht. Diese Verpflichtung trifft alle Arbeitgeber, unabhängig davon, ob sie einem Kollektivvertrag unterliegen oder nicht.
WICHTIG
Bei Zuwiderhandeln können Stellenbewerber:innen oder die Gleichbehandlungsanwaltschaft einen Antrag auf Verhängung einer Strafe bei der Bezirksverwaltungsbehörde stellen. Beim erstmaligen Verstoß erfolgt eine Ermahnung, bei Wiederholung kann eine Strafe bis zu 360 Euro verhängt werden.Arbeitgeber, die mehr als 150 Arbeitnehmer:innen beschäftigen, sind verpflichtet, alle 2 Jahre einen anonymisierten Bericht über die Einkommenssituation von Frauen und Männern je nach Beschäftigungsgruppe zu erstellen. Der Bericht ist dem (Zentral-)Betriebsrat zu übermitteln beziehungsweise in einem Betrieb ohne Betriebsrat in einem allen Arbeitnehmer:innen zugänglichen Raum aufzulegen und darauf hinzuweisen. Die Einkommensberichte sollen dazu dienen, Einkommen und Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern transparenter zu machen.
Die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Gewährung der entsprechenden Sozialleistung, das heißt einer mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen zusätzlichen Leistung des Betriebes, zusätzlich besteht Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
Beispiel
Kostenloses oder verbilligtes Benützen einer Sauna nur für Männer.Der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer steht die Einbeziehung in die betriebliche Aus- und Weiterbildungsmaßnahme, die auf Grund zum Beispiel des Geschlechtes verwehrt wurde, oder – wenn zum Beispiel die Ausbildung dafür extern absolviert wurde – der Ersatz der daraus resultierenden Kosten zu; zusätzlich besteht Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
Beispiel
Teilzeitbeschäftigte werden in einem Betrieb von der Absolvierung von Computerkursen ausgeschlossen, der Ausschluss trifft somit (fast) ausschließlich Frauen.Wenn einer Arbeitnehmerin/einem Arbeitnehmer der berufliche Aufstieg auf Grund des Geschlechts ohne sachliche Rechtfertigung verwehrt wird, dann hat sie/er Anspruch auf Schadenersatz.
Der Ersatzanspruch beträgt die Entgeltdifferenz für mindestens 3 Monate, wenn die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer bei diskriminierungsfreier Auswahl beruflich aufgestiegen wäre oder bis 500 Euro, wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass der Schaden lediglich darin besteht, dass die Berücksichtigung der Bewerbung verweigert wurde.
Zusätzlich besteht Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
Eine Arbeitnehmerin hat Anspruch auf Gewährung der gleichen Arbeitsbedingungen wie ein Arbeitnehmer und umgekehrt. Dies ist umfassend zu verstehen und bezieht sich jedenfalls auf alle Maßnahmen des ArbeitnehmerInnenschutzes, die Ausstattung des Arbeitsplatzes oder der Nebenräume (Geräte, Licht- und Luftverhältnisse, Lärm, Schmutz), die Zuweisung konkreter Arbeitsaufgaben, aber auch das Eingehen auf Urlaubswünsche oder Wünsche nach Arbeitszeitänderung oder Versetzung.
Auch hier besteht zusätzlich Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
Beispiel
Mitarbeitern wird der beantragte Urlaub problemlos und formlos gewährt, Mitarbeiterinnen nur dann, wenn der Urlaub mindestens 3 Monate vorher schriftlich beantragt wird.
Sexuelle Belästigung
Unter sexueller Belästigung ist jedes der sexuellen Sphäre zugehörige Verhalten zu verstehen, das die betroffene Person in ihrer Würde verletzt, unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt schafft oder dies bezweckt. Sexuelle Belästigung kann von unerwünschten E-Mails, anzüglichen Witzen oder Bemerkungen bis hin zu unerwünschten körperlichen Berührungen oder geschlechtlichen Handlungen reichen.
Geschlechtsbezogene Belästigung
Geschlechtsbezogene Belästigung umfasst jedes geschlechtsbezogenes Verhalten, das die betroffene Person in ihrer Würde verletzt und unerwünscht ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt schafft oder dies bezweckt. Damit sind zum Beispiel herabwürdigende Bemerkungen, Verspottungen wie "du als Frau bist ja doch nur zum Putzen gut" und ähnliche Handlungen, die geeignet sind, die soziale Wertschätzung der Betroffenen im Betrieb zu verletzen. Gleiches gilt für Herabwürdigungen auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters, der sexuellen Orientierung.
Entstehen einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer durch die Zurückweisung einer sexuellen, geschlechtsbezogenen oder sonstigen Belästigung arbeitsrechtliche Nachteile, so erfüllt auch dieser Umstand den Tatbestand der (sexuellen) Belästigung.
Die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer hat in allen Fällen Anspruch auf einen „Ausgleich für die erlittene persönliche Beeinträchtigung“ zunächst gegenüber der Belästigerin/dem Belästiger – egal, ob dies der Arbeitgeber selbst, ein Arbeitskollege oder eine Kollegin oder auch eine Kundschaft ist, und zwar mindestens 1.000 Euro.
Angemessene Abhilfe
Darüber hinaus hat sie/er einen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Arbeitgeber, wenn er nicht für angemessene Abhilfe gegen eine Belästigung durch dritte Personen, zum Beispiel Arbeitskolleg:innen oder Kund:innen, gesorgt hat. Eine "angemessene Abhilfe" muss weitere Belästigungen wirksam verhindern und kann von einer Verwarnung oder Versetzung bis hin zur Kündigung oder Entlassung reichen.
Frist zur Geltendmachung bei Arbeits- und Sozialgericht oder Gleichbehandlungskommission:
Die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer kann eine Kündigung oder Entlassung beim Arbeits- und Sozialgericht anfechten oder die Beendigung gegen sich wirken lassen, jedoch Schadenersatzansprüche geltend machen.
Auch eine Auflösung in der Probezeit oder die Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses kann bekämpft werden, wenn die Auflösung oder Nichtverlängerung aus diskriminierenden Gründen erfolgte, oder weil die betroffene Person Ansprüche nach dem Gleichbehandlungsgesetz geltend gemacht hat und die Ansprüche offenbar nicht ungerechtfertigt waren, oder die Auflösung erfolgte, weil sich eine Arbeitnehmerin/ein Arbeitnehmer gegen eine Belästigung nach dem Gleichbehandlungsgesetz zur Wehr gesetzt hat.
Achtung kurze Frist!
Eine Kündigung, Entlassung oder Auflösung in der Probezeit muss binnen 14 Tagen ab Zugang der Kündigung/Entlassung oder Auflösungserklärung beim Arbeits- und Sozialgericht angefochten werden. Im Falle einer Befristung muss eine Feststellungsklage binnen 14 Tagen ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf gerichtlich geltend gemacht werden.
Hinsichtlich der Schadenersatzansprüche gilt eine Frist von 6 Monaten.
WICHTIG
Die Einbringung eines Antrags bei der Gleichbehandlungskommission innerhalb der gesetzlichen Fristen bewirkt die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung.Macht eine Arbeitnehmerin/ein Arbeitnehmer Ansprüche nach dem Gleichbehandlungsgesetz geltend oder beschwert sich wegen einer Diskriminierung, so darf dies zu keinen arbeitsrechtlichen Nachteilen oder zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen. Gleiches gilt auch im Falle der Unterstützung anderer Arbeitnehmer:innen.
Die Verletzung dieses Benachteiligungsverbotes gilt ebenso als Diskriminierung und zieht die oben beschriebenen Ansprüche nach sich.
Auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses sind Ungleichbehandlungen auf Grund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, unzulässig. Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet Diskriminierungen auch bei:
Wird in diesen Fällen das Gleichbehandlungsgebot verletzt, steht der betroffenen Person die Einbeziehung in die jeweilige Maßnahme beziehungsweise gleiche Inanspruchnahme der Leistungen zu. Resultieren aus der Verletzung Vermögensschäden (zum Beispiel durch zusätzliche Kosten für eine Umschulung), sind diese zu ersetzen. Ebenso ist die erlittene persönliche Beeinträchtigung zu entschädigen.
In jedem Fall müssen Sie die jeweilige Diskriminierung glaubhaft machen. Es genügt, Tatsachen anzuführen, die auf eine Diskriminierung hinweisen und die zeigen, dass die Ungleichbehandlung wahrscheinlich auf Grund des Geschlechtes erfolgt ist.
Ein Antrag bei der Gleichbehandlungskommission bewirkt, dass die gesetzlichen Fristen zum Einbringen einer Klage bei Gericht gehemmt werden. Die Fristen laufen erst dann wieder weiter, wenn das Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission abgeschlossen ist und Sie das Prüfungsergebnis der Kommission zugestellt erhalten.
Hier erhalten Sie kompetente Hilfe:
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