Krankenstand
Welche Rechte und Pflichten haben ArbeitnehmerInnen im Krankenstand? Darf man im Krankenstand vor die Tür gehen? Schützt Krankenstand vor Kündigung?
Wenn die Betreuungsperson eines Kindes ausfällt oder nahe Angehörige oder Haushaltsmitglieder erkranken, können Arbeitnehmer:innen Pflegefreistellung nehmen.
Wenn Sie wegen der notwendigen Pflege eines erkrankten nahen Angehörigen oder eines Haushaltsmitglieds nicht arbeiten gehen können, haben Sie Anspruch auf bezahlte Pflegefreistellung.
Nahe Angehörige sind:
Achtung: Arbeitgeber darf nicht mitbestimmen, wer Pflegefreistellung nimmt!
Ein Beispiel: Ihr Kind erkrankt, Sie möchten Pflegefreistellung nehmen. Ihr:e Chef:in meint, das soll lieber der andere (ebenfalls berufstätige) Elternteil übernehmen. Das ist nicht erlaubt!
Arbeitgeber:innen haben nichts mitzureden, welche:r Angehörige:r in Pflegefreistellung geht.
Pflegefreistellung können Sie auch dann nehmen, wenn Sie wegen der notwendigen Betreuung Ihres gesunden Kindes (Wahl- oder Pflegekindes) an der Arbeitsleistung verhindert sind, weil die Person, die das Kind ständig betreut, aus schwerwiegenden Gründen ausgefallen ist – z.B. weil sie erkrankt ist, ins Krankenhaus musste, verstorben ist etc. Ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind ist nicht erforderlich.
Betreuungsfreistellung können Sie auch für leibliche Kinder Ihrer Ehegattin, eingetragenen Partnerin oder Lebensgefährtin bzw. Ihres Ehegatten, eingetragenen Partners oder Lebensgefährten in Anspruch nehmen, wenn Sie mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt leben.
Den Anspruch auf Pflegefreistellung haben Sie sofort nach Antritt des Arbeitsverhältnisses. Als Erkrankung gelten nicht nur akute oder plötzlich auftretende Krankheiten, sondern auch chronische Leiden. Entscheidend ist, ob eine Pflege notwendig ist oder nicht.
Grundsätzlich müssen Sie alle zumutbaren Vorkehrungen treffen, damit es zu keiner Arbeitsverhinderung wegen eines Pflegefalles kommt.
Wenn es nicht möglich ist, eine Arbeitsverhinderung wegen eines Pflegefalles zu verhindern, ist die Pflege notwendig und Sie haben Anspruch auf Pflegefreistellung.
Beispielsweise ist eine Pflegefreistellung nicht notwendig, wenn eine andere geeignete Person die Pflege übernehmen kann, zum Beispiel Oma oder Opa. Es ist aber davon auszugehen, dass Sie Ihre nahen Angehörigen bzw. Haushaltsmitglieder selbst pflegen und keinen dritten Personen (z.B. Pflegepersonal) die Pflege übergeben. Sind beide Elternteile berufstätig, kann nicht der Arbeitgeber bestimmen, wer von den beiden Elternteilen beim kranken Kind bleibt.
Ein gemeinsamer Haushalt liegt vor, wenn eine Wirtschafts- und Wohngemeinschaft besteht. Eine polizeiliche Meldung reicht nicht aus - sie ist bloß ein Indiz.
Sie müssen den Arbeitgeber unverzüglich, das heißt so schnell wie möglich informieren, wenn Sie Pflegefreistellung in Anspruch nehmen. Verlangt Ihr Arbeitgeber eine ärztliche Bestätigung als Nachweis, dann hat er auch die möglicherweise anfallenden Kosten zu tragen.
Während der Pflege dürfen Sie finanziell nicht schlechter gestellt sein. Das heißt: Sie bekommen jenes Entgelt, das Sie auch bekommen hätten, wenn Sie die Pflegefreistellung nicht in Anspruch genommen hätten.
Sie haben Anspruch auf 1 Woche Pflegefreistellung pro Arbeitsjahr - genau gesagt: im Ausmaß Ihrer wöchentlichen Arbeitszeit.
Arbeiten Sie daher beispielsweise 17 Stunden/Woche haben Sie Anspruch auf 17 Stunden Pflegefreistellung pro Arbeitsjahr; arbeiten Sie 37 Stunden/Woche, beträgt Ihr Pflegefreistellungsanspruch 37 Stunden pro Arbeitsjahr usw.
Die Pflegefreistellung können Sie wochen-, tage- oder stundenweise nehmen, je nachdem wie Sie sie brauchen.
ACHTUNG!
Für alle 3 „Pflegefreistellungsarten“ steht Ihnen insgesamt 1 Woche pro Arbeitsjahr zu. Egal, wie viele Kinder, nahe Angehörige oder Haushaltsmitglieder Sie pflegen oder betreuen.
Wenn Sie also beispielsweise 3 Kinder haben, haben Sie nicht Anspruch auf 3 Wochen Pflegefreistellung, sondern nur 1 Woche.
Eine zweite Pflegefreistellungswoche innerhalb eines Arbeitsjahres (wiederum im Ausmaß Ihrer wöchentlichen Arbeitszeit) haben Sie, wenn das Kind noch nicht 12 Jahre alt ist, neuerlich pflegebedürftig krank wird und Sie keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus sonstigen wichtigen Gründen haben.
Leibliche Eltern (Wahl- und Pflegeeltern) können dieses Recht unabhängig vom Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts beanspruchen. Für leibliche Kinder von Ehegatt:innen, eingetragenene Partner:innen oder Lebensgefährt:innen können Sie die 2. Woche nur dann in Anspruch nehmen, wenn Sie mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt leben.
Wenn der Anspruch auf Pflegefreistellung ausgeschöpft ist und/oder kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus sonstigen wichtigen Gründen besteht, können Sie für die notwendige Pflege eines Kindes unter 12 Jahren ohne vorherige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Urlaub nehmen, sofern Sie noch offenen Urlaub haben. Sie müssen aber dem Arbeitgeber sofort mitteilen, dass Sie aus diesem Grund Urlaub ohne Vereinbarung nehmen.
Wiederum gilt: Handelt es sich um Ihr leibliches Kind, Wahl- oder Pflegekind, ist kein gemeinsamer Haushalt erforderlich. Handelt es sich hingegen um das leibliche Kind des Partners oder der Partnerin (Ehegatte oder -gattin, Lebensgefährte oder Lebensgefährtin, eingetragener Partner oder eingetragene Partnerin) haben Sie das Recht auf einseitigen Urlaubsantritt nur dann, wenn Sie mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt leben.
Da der Urlaub nur zum Zweck der notwendigen Pflege eines erkrankten Kindes unter 12 Jahren angetreten werden kann, ist der Arbeitgeber berechtigt, für die Dauer des Urlaubsverbrauchs einen Nachweis über die Erfüllung der Voraussetzungen zu fordern. Verlangt der Arbeitgeber z.B. eine ärztliche Bestätigung als Nachweis, dann hat er auch die möglicherweise anfallenden Kosten zu tragen.
Seit 1.11.2023 ist die Pflegefreistellung vom Schutz des Gleichbehandlungsgesetzes umfasst. Das heißt, Sie dürfen in Zusammenhang mit dem Recht auf Pflegefreistellung nicht diskriminiert werden. Nähere Informationen dazu finden Sie hier.
Sollten Sie wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Pflegefreistellung gekündigt werden, können Sie die Kündigung bei Gericht bekämpfen. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Sie können die Kündigung beim Arbeits- und Sozialgericht anfechten oder die Beendigung gegen sich wirken lassen, aber Schadenersatzansprüche geltend machen.
Auch eine diskriminierende Auflösung in der Probezeit oder die Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses kann bekämpft werden.
Die Anfechtung hat die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses zum Ziel. Gewinnen Sie das Gerichtsverfahren, läuft das Arbeitsverhältnis weiter.
Achtung!
Die Anfechtungsfristen sind sehr kurz! Wenden Sie sich daher bitte sofort an Ihre Arbeiterkammer oder Ihre Gewerkschaft, wenn Sie die Kündigung bekämpfen möchten.
Sie können von Ihrem:r Arbeitgeber:in binnen fünf Kalendertagen ab dem Zugang der Kündigung eine schriftliche Begründung verlangen (ein Pauschalverweis auf "betriebliche" oder "personenbezogene" Gründe reicht hier unserer Meinung nach nicht) . Der:die Arbeitgeber:in muss die schriftliche Begründung binnen fünf Kalendertagen ab dem Zugang des Verlangens ausstellen. Die Kündigung ist aber auch dann rechtswirksam, wenn die Arbeitgeberseite keine schriftliche Begründung ausstellt.
Hier erhalten Sie kompetente Hilfe:
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