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Knapp 169 Millionen Mehr- und Überstunden haben Österreichs Beschäftigte 2024 geleistet. Allerdings haben Betriebe 42,3 Millionen davon nicht vergütet. „Das heißt: Sie wurden weder in Geld noch in Zeit abgegolten“, sagt AK Präsidentin Renate Anderl. Den Arbeitnehmer:innen und dem Staat entgingen so in Summe rund 2,3 (!) Milliarden Euro.
„Das ist doppelt bitter, weil dieses Geld für den privaten Konsum fehlt, den wir jetzt für die Ankurbelung der schwachen Konjunktur so dringend brauchen. Aber auch dem Staat entgehen Einnahmen, die angesichts der budgetären Lage dringend benötigt würden“, so Anderl. Sie fordert jetzt rasch Maßnahmen, um dem Lohnraub und den negativen Folgen für die Arbeitnehmer:innen, den Konsum und das Budget Einhalt zu gebieten.
Wer wo was geleistet hat, welche Summe nun genau fehlt und was getan werden muss, damit alle Mehr- und Überstunden künftig korrekt abgegolten werden, erklärten AK Präsidentin Renate Anderl und Ines Stilling, Bereichsleiterin Soziales AK Wien im Rahmen einer Pressekonferenz:
Die kürzlich von der Statistik Austria veröffentlichten Zahlen zur Arbeitszeit zeigen erneut die enorme Arbeitsbereitschaft der Beschäftigten in Österreich. In Summe haben sie 2024 exakt 168,9 Millionen Überstunden geleistet.
„Das ist gegenüber 2023 zwar ein Rückgang von rund sieben Prozent, allerdings bleibt ein großer Wermutstropfen: Denn 42,3 Millionen dieser Mehr- und Überstunden haben die Betriebe den Arbeitnehmer:innen nicht abgegolten – weder in Zeit noch in Geld. Und das ist immerhin jede 4. Überstunde“, sagt Ines Stilling, Bereichsleiterin Soziales in der AK Wien. „Die Zahlen zeigen deutlich: Die Zahlungsmoral der Arbeitgeber:innen sinkt, wenn es um Mehrleistung in Form von Mehrarbeit oder Überstunden geht.“
Haben Betriebe 2020 von 216,3 Millionen Mehr- und Überstunden 30,2 Millionen nicht bezahlt (14 Prozent), 2021 von 190,6 Millionen 40,6 Millionen (21 Prozent) sind es jetzt bereits 25 Prozent aller Mehr- und Überstunden, die nicht abgegolten werden.
Ein Bauarbeiter hatte in einem Zeitraum von nur vier Monaten 242 Mehr- und Überstunden geleistet – das entspricht einer Normalarbeitszeit von mehr als sechs Wochen. Diese vielen Stunden wurden dem Bauarbeiter aber von seinem Arbeitgeber nicht abgegolten. Wert dieser Stunden: mehr als 5.000 Euro! Der Arbeitnehmer führte während seines Dienstverhältnisses selbst authentische Arbeitszeitaufzeichnungen über die geleisteten Stunden, die zudem auch vom Polier der Auftraggeber-Firma bestätigt wurden. Der Fall ging mit Hilfe der AK vor Gericht, wurde gewonnen und auch vom Oberlandesgericht bestätigt.
Regelmäßig leistete ein Online Marketing-Manager Mehr- und Überstunden. Seine Arbeitszeiten erfasste der Dienstnehmer über das Arbeitszeiterfassungssystem des Arbeitgebers. Am Ende des Dienstverhältnisses hatte der Online Marketing-Manager – bereinigt um Pausen – satte 268 Stunden offen, die vom Arbeitgeber einfach nicht bezahlt worden waren. Wert: 8.000 Euro! Der Arbeitnehmer wandte sich an die AK, diese half mittels Prozessführung und gewann. Dem Mann wurde in erster Instanz rechtskräftig die gesamte Höhe von 8.000 Euro zugesprochen.
„Anhand dieser beiden Beispiele sieht man deutlich, wie wichtig es ist, sich im Falle unbezahlter Mehr- und Überstunden auch rechtzeitig an die AK zu wenden“, sagt Stilling. Denn nicht bezahlte Ansprüche verjähren grundsätzlich nach drei Jahren. „Allerdings gibt es in vielen Arbeitsverträgen Verfallsklauseln. Dann kann es passieren, dass geleistete, aber nicht bezahlte Überstunden bereits nach dem Ablauf weniger Monate nicht mehr eingeklagt werden können“, sagt Stilling. Weiters empfiehlt die Bereichsleiterin dringend, Arbeitszeiten aufzuzeichnen, denn sie sind im Ernstfall ein Beweismittel vor Gericht. Stilling: „Die Arbeiterkammer bietet den Arbeitszeitkalender an, in dem Überstunden aufgezeichnet und dann auch bewiesen werden können.“ Hier geht's zum Arbeitszeitkalender 2025
Die AK fordert:
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