Weiblich, entlastet, gleichgestellt
„Im besten Sozialstaat der Welt gibt es keinen Gender Pay Gap, Sorgearbeit ist gerecht verteilt und Kinderbildungseinrichtungen sind österreichweit verfügbar, ganztägig geöffnet und kostenlos. Die Realität sieht aber leider anders aus.
Statt Fortschritten erleben wir einen wahren Backlash. Wieso das so ist und wie eine dringend notwendige Kehrtwendung herbeigeführt werden kann, präsentierten bei einer Pressekonferenz AK Präsidentin Renate Anderl und die Leiterin der Abteilung Frauen und Familie in der AK Wien, Eva-Maria Burger.
Die gesamte Presseunterlage zum Downloaden, finden Sie hier. Hier geht's zur Präsentation.
Frauenpolitik führt ein Schattendasein
Nach vielen Kämpfen, die auch viele Erfolge gebracht haben, führt die Frauenpolitik in Österreich nun wieder ein Schattendasein. Weder bei der Verteilung der unbezahlten Arbeit, noch bei der Kinderbetreuung noch bei der Einkommensverteilung gibt es Fortschritte. Im Gegenteil: Wir erleben einen wahren Backlash“, kritisiert AK Präsidentin Renate Anderl. Dabei sind es gerade die Frauen, die das System am Laufen halten. Denn sie sind in den wichtigen Bereichen Pflege, Pädagogik, Reinigung und im Handel überrepräsentiert.
Frauen verdienen mehr Respekt
„Während der Corona-Pandemie haben wir die Systemerhalterinnen laut beklatscht. Doch dieses Klatschen ist nicht nur verhallt, es hatte auch keinen Effekt“, so Anderl. Denn nach wie vor leisten Frauen den Großteil der unbezahlten Arbeit, erziehen die Kinder und pflegen die Angehörigen. „Frauen verdienen mehr Respekt. Die Frauenpolitik in diesem Land muss wieder eine werden, die ihren Namen auch verdient“, fordert AK Präsidentin Anderl. Sie fordert zahlreiche Maßnahmen – von Lohntransparenz über Ausbau der Kinderbetreuung bis zu einer Qualifizierungsoffensive – damit „wir nicht weiterhin an jedem 8. März die Missstände aufzeigen müssen, sondern endlich Erfolge verkünden können“.
Unsere Forderungen
Folgende Maßnahmen müssen daher umgesetzt werden:
- Jene 4,5 Milliarden Euro, die von der Bundesregierung für den Ausbau der Kinderbetreuung versprochen wurden, müssen rasch bei den richtigen Stellen, sprich bei den Gemeinden und Familien, ankommen. Nötig sind ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag des Kindes, Öffnungszeiten, die eine Vollzeitbeschäftigung ermöglichen, sowie eine Aus- und Weiterbildungsoffensive, um genug Menschen für einen Job in der Elementarpädagogik begeistern zu können.
- Die unbezahlte Sorgearbeit in den Familien und im Haushalt muss partnerschaftlicher verteilt sein. Gesetzlich gibt es schon die Möglichkeit, dass Eltern die Karenz Halbe:Halbe aufteilen. Väter schöpfen in der Regel aber nur die Mindestdauer aus. Dafür ist es nötig, einen höheren Mindestanteil des Kinderbetreuungsgeldes für Väter zu reservieren. Das stärkt in Folge die Akzeptanz einer längeren Väterkarenz in Gesellschaft und Unternehmen.
- AK/ÖGB Familienarbeitszeitmodell einführen. Wenn sich Eltern die Familienarbeit teilen und die Arbeitszeit auf ein ähnliches Ausmaß reduzieren, soll dies finanziell unterstützt werden. Konkret müssen beide Elternteile nach der Karenz ihre Arbeitszeit auf 28 bis 32 Wochenstunde erhöhen bzw. reduzieren, die Teilzeit muss mindestens vier Monate dauern. Pro Elternteil und Monat sollen dann 250 Euro Pauschale ausbezahlt werden. Das Geld kann maximal bis zum 4. Geburtstag des Kindes bezogen werden. Der Vorteil des Modells: Väter hätten mehr Zeit für ihre Kinder, Frauen könnten mehr Stunden arbeiten und so mehr verdienen.
- EU-Richtlinie zur Lohntransparenz umsetzen, damit der Gender Pay Gap und in Folge der Gender Pension Gap geschlossen werden. Die Richtlinie ist bereits seit Juni 2023 in Kraft, die Mitgliedsstaaten haben für die innerstaatliche Umsetzung drei Jahre Zeit. Für Österreich besteht ein großer Umsetzungsbedarf – und darin liegt die große Chance. Transparenz ist der Schlüssel, um die Lohnschere zu schließen. Ein besserer Zugang zu Daten rund um die Bezahlung führt zu einer besseren Rechtsdurchsetzung und einer Reduzierung der geschlechtsspezifischen Lohnschere. Die Bundesregierung sollte eine Arbeitsgruppe unter Einbeziehung der Sozialpartner:innen ins Leben rufen, die gemeinsam an der konsequenten Umsetzung für alle Arbeitnehmer:innen arbeitet.
- Einen Ausbau der Pflege, damit nicht automatisch Frauen zu Hause die Betreuung von Angehörigen übernehmen müssen. Weiters muss die systemrelevante Arbeit in der Pflege durch eine bessere Entlohnung und verbesserte Rahmenbedingungen wie gesunde Arbeitszeit-Modelle, ausreichend Kolleg:innen in allen Bereichen und verlässliche Dienstpläne wieder attraktiver gemacht werden.
Dass all diese Maßnahmen dringend notwendig sind, zeigen sowohl die Ergebnisse der Zeitverwendungserhebungsstudie 2023 der Statistik Austria, als auch erste Vorab-Auswertungen des aktuellen AK Wiedereinstiegsmonitorings, wie Eva-Maria Burger, Leiterin der Abteilung Frauen und Familie in der AK Wien, betont. „Denn Frauen müssen vom Mädchenalter bis zur Pension um ein gutes Leben kämpfen.“