Betriebsvereinbarungen
Betriebsvereinbarungen sind schriftliche Vereinbarungen, die vom Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin einerseits und dem Betriebsrat andererseits in Angelegenheiten abgeschlossen werden, deren Regelung durch Gesetz oder Kollektivvertrag der Betriebsvereinbarung vorbehalten ist. Bei manchen Maßnahmen braucht der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrates, bei anderen nicht.
Zustimmungspflichtige Betriebsvereinbarungen
In folgenden Angelegenheiten darf der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin ohne Betriebsrat keine Maßnahmen setzen:
- Einführung einer betrieblichen Disziplinarordnung.
- Einführung von Personalfragebögen, die über die allgemeinen Angaben zur Person und Angaben über die fachlichen Voraussetzungen für die beabsichtigte Verwendung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin hinaus gehen.
- Einführung von Kontrollmaßnahmen und technischen Systemen zur Kontrolle der Arbeitnehmer:innen, sofern diese die Menschenwürde berühren. Beispiele dafür wären etwa Videoüberwachung, Taschenkontrollen oder das Registrieren von Telefongesprächen. Das Abhören von Telefongesprächen wäre grundsätzlich auch nicht mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig, da dadurch die Menschenwürde nicht bloß berührt, sondern sogar verletzt wird.
- Einführung und Regelung von Akkord- oder Stücklöhnen sowie akkordähnlichen Prämien und Entgelten, die auf statistischen Verfahren, Datenerfassungsverfahren, Kleinstzeitverfahren oder ähnlichen Entgeltfindungssystemen beruhen.
Ersetzbare Betriebsvereinbarungen
In den beiden folgenden Fällen bedarf der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin ebenfalls der Zustimmung des Betriebsrats. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung kann der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin sich jedoch an die Schlichtungsstelle wenden. Kann auch vor der Schlichtungsstelle keine Einigung erzielt werden, dann trifft diese eine Entscheidung unter Abwägung der Interessen beider Streitteile. Die Einigung ist also durch einen Spruch der Schlichtungsstelle ersetzbar und man spricht daher von ersetzbaren Betriebsvereinbarungen.
- Die Einführung von Systemen zur automatisationsunterstützen Ermittlung, Verarbeitung und Übermittlung von personenbezogenen Daten der Arbeitnehmer:innen, sofern sie über die Ermittlung von allgemeinen Angaben zur Person und fachlichen Voraussetzung hinausgehen. Eine Zustimmung ist aber nicht erforderlich, soweit die tatsächliche oder vorgesehene Verwendung dieser Daten über die Erfüllung von Verpflichtungen nicht hinausgeht, die sich aus Gesetz, Kollektivvertrag oder Arbeitsvertrag ergeben.
- Systeme zur Beurteilung der Arbeitnehmer:innen, sofern damit Daten erhoben werden, die nicht durch die betriebliche Verwendung gerechtfertigt sind.
Erzwingbare Betriebsvereinbarungen
Die Regelung dieser Angelegenheiten durch den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin ist grundsätzlich auch ohne Zustimmung des Betriebsrates und ohne Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung möglich. Will der Betriebsrat aber eine andere Regelung als der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin erreichen und das Mitwirkungsrecht der Arbeitnehmerschaft geltend machen, so kann er – wenn keine Einigung mit dem Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin zustande kommt – die Schlichtungsstelle anrufen.
Beispiele
- allgemeine Ordnungsvorschriften, wie z.B. Regelungen bezüglich des Rauchens oder des Alkoholkonsums im Betrieb, Geschwindigkeitsbeschränkungen am Betriebsgelände.
- Beschäftigung von überlassenen Arbeitnehmer:innen, wie z.B. spezielle Informationsrechte des Betriebsrats oder Höchstdauer des Einsatzes.
- Arbeitszeitregelungen, wie insbesondere Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Dauer und Lage von Arbeitspausen und Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.
- Benützung von Betriebseinrichtungen und Betriebsmitteln, wie z.B. Benützungsvorschriften über Waschräume, Parkplätze, Dienstautos, Werkzeuge, Internet.
- Sozialplan
Die Schlichtungsstelle
Zur Entscheidung von Streitigkeiten über den Abschluss, die Änderung oder Aufhebung von Betriebsvereinbarungen in Angelegenheiten, in welchen das Arbeitsverfassungsgesetz eine Schlichtungsstelle vorsieht, ist diese auf Antrag eines der Streitteile am Sitz des Arbeits- und Sozialgerichts einzurichten. Die Entscheidung dieser Schlichtungsstelle gilt dann als Betriebsvereinbarung.
Freiwillige Betriebsvereinbarungen
In bestimmten Angelegenheiten kann eine Betriebsvereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberin abgeschlossen werden - der Abschluss ist allerdings nicht erzwingbar. Kommt keine Vereinbarung zustande, dann können die entsprechenden Angelegenheiten durch Weisung des Arbeitgebers bzw. durch Vereinbarung mit den betroffenen Arbeitnehmer:innen festgelegt werden.
Beispiele
- Maßnahmen zur menschengerechten Arbeitsgestaltung, wie etwa die Ausstattung der Arbeitsräume mit Sonnenschutz oder Klimaanlagen.
- Urlaubsverbrauch, wie z.B. Art und Weise der Urlaubsanmeldung, Vorrang von Eltern mit betreuungspflichtigen Kindern in der Ferienzeit.
- betriebliches Vorschlagswesen
- Systeme der Gewinnbeteiligung, leistungsbezogene Prämien und Entgelte
- betriebliche Pensionsleistungen
- Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung
- betriebliche Wohlfahrtseinrichtungen, wie etwa Betriebsküche, Kindergärten, Sozialfonds, Sport- und Freizeiteinrichtungen.
- Frauenförderpläne
- Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Betreuungspflichten und Beruf
- Rahmenbedingungen für Arbeit im Homeoffice.
Gleiche Wirkung wie Gesetze
Bei Betriebsvereinbarungen handelt es sich um Verträge mit Normwirkung. Betriebsvereinbarungen haben also grundsätzlich die gleiche Wirkung wie Gesetze. Sie gelten unmittelbar und verbindlich. Es bedarf keiner zusätzlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in über den Inhalt.
Wird trotzdem eine Regelung im Arbeitsvertrag über den Inhalt einer Betriebsvereinbarung getroffen, dann ist diese nur gültig, wenn sie für den Arbeitnehmer bzw die Arbeitnehmerin günstiger ist (Günstigkeitsprinzip).