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BVG-Staatsziele

Der Gesetzesentwurf will offensichtlich den in der Verfassung verankerten Staatszielen im Bereich von Nachhaltigkeit und Umweltschutz als weiteres Staatsziel den „wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort“ hinzufügen, um so zu verhindern, dass wirtschaftliche Interessen, wie z.B. die Umsetzung großer Infrastrukturvorhaben, gegenüber umweltpolitischen Zielen ins Hintertreffen geraten (vgl. insbesondere das Verfahren über die Dritte Piste des Wiener Flughafens).

Der Entwurf wird in dieser Form abgelehnt. Denn während er versucht, eine vermeintliche Schieflage zwischen Umweltanliegen und Wirtschaftsanliegen zu korrigieren, schafft er in Wirklichkeit eine viel gefährlichere

Schieflage zwischen den sozialen Interessen der Bevölkerung und Interessen der Wirtschaft: Schon jetzt enthält die österreichische Verfassung – anders als die meisten europäischen Verfassungen – keine sozialen Grundrechte (z.B. auf faire Entlohnung und Arbeitsbedingungen sowie auf soziale Absicherung bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter), enthält aber durchaus wirtschaftliche Grundrechte (auf Erwerbsfreiheit und Eigentumsfreiheit). Würden die letztgenannten wirtschaftlichen Grundrechte nun um eine Staatszielbestimmung zur Wettbewerbsfähigkeit erweitert, würde das Ungleichgewicht in der österreichischen

Bundesverfassung zwischen den Interessen der (meist unselbständig beschäftigten) Menschen an sozialem Schutz einerseits und der Wirtschaft andererseits noch weiter verschärft. Das könnte etwa dazu führen, dass ein Höchstgericht bei der Bewertung, ob ein Gesetz ArbeitnehmerInnen unsachlich benachteiligt und damit verfassungswidrig ist, unter verfassungsgesetzlichen Druck gerät, zu Lasten der Arbeitnehmerseite zu entscheiden, weil Wirtschaftsinteressen ausdrücklich in der Verfassung verankert sind und Arbeitnehmerrechte und soziale Rechte eben nicht.

Nicht ohne Grund sind die komplexen Fragen einer Balance zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Interessen in der Bundesverfassung jahrelang in höchstrangigen verfassungspolitischen Gremien behandelt worden (zuletzt im Österreich-Konvent 2003 bis 2005), damit das feine Gefüge des Interessenausgleichs in der österreichischen Bundesverfassung und damit zwischen den gesellschaftlichen Gruppen in Österreich nicht beschädigt wird. Eine zu dieser Sorgfalt in scharfem Kontrast stehende Anlassgesetzgebung kann ungeahnten verfassungspolitischen und verfassungsjuristischen Schaden bewirken.

Zudem wirft der Vorschlag die Frage auf, in welchem Verhältnis er zu Österreichs Bekenntnis zur Nachhaltigkeit steht. Offenkundig in Widerspruch steht er zu den UN-Sustainable-Development-Goals aus 2015, zu denen sich Österreich bekannt hat. Für das Anliegen, wichtige Infrastrukturprojekte nicht unberechtigt durch umweltrechtliche Verfahren zu blockieren, bieten sich zuverlässigere Wege ohne die beschriebenen Kollateralschäden an. Auch die BAK sieht überlange Verfahrensdauern als problematisch an. Dass Entbürokratisierung und Deregulierung – vor allem im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) – nötig seien, wie oft behauptet wird, bestätigt ein näherer Blick aufs Dritte-Piste-Verfahren nicht. Vor allem müssen in den jeweiligen Materiengesetzen (z.B. dem Luftfahrtgesetz im Beispiel der Dritten Piste) den Behörden und Gerichten klarere Rahmenbedingungen für deren Entscheidungen geboten werden.

Art der Publikation:
Stellungnahme

Erscheinungsort:
Wien

HerausgeberIn:
Bundesarbeitskammer

Datum/Jahr:
April 2018

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