Für eine soziale und zukunftsfähige EU
Das AK EUROPA Büro hat zu Beginn der neuen Legislaturperiode des EU-Parlaments einen umfangreichen Forderungskatalog vorgelegt, der aus der Perspektive der Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen eine positive Zukunft für die EU anstrebt. Während derzeit Themen wie Wettbewerbsfähigkeit, Binnenmarkt und Verteidigung die Agenda dominieren und voraussichtlich die EU-Politik der kommenden Jahre prägen werden, setzt die AK den Schwerpunkt auf soziale Ziele und Ausgewogenheit.
Der Katalog enthält konkrete Vorschläge an die EU-Abgeordneten und die neue Kommission für einen fairen grünen und digitalen Wandel, demokratische Mitbestimmung, eine nachhaltige Handelspolitik und gute Arbeitsbedingungen. In vier Abschnitten zusammengefasst, bildet er die zentralen Forderungen der AK zu verschiedenen EU-politischen Themenfeldern ab.
Die Weichen richtig stellen
Um eine demokratische und soziale Union zu fördern, ist eine Stärkung des EU-Parlaments entscheidend. Die Gesetzgebung sollte dabei die Interessen aller Beteiligten einbeziehen. Die Begrenzung des übermäßigen Einflusses großer Konzerne in der Lobbyarbeit ist für die AK dabei essenziel. Ein weiterer zentraler Punkt ist der Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge, der durch umfangreiche Investitionen gesichert werden muss. Hinsichtlich der EU-Erweiterung steht die Bedeutung von Fairness im Vordergrund, um die EU demokratisch und sozial weiterzuentwickeln.
Wirtschaftspolitik für Wohlstand und Fairness
Im Rahmen der wirtschafts-, fiskal- und sozialpolitischen Koordinierung der EU-Mitgliedstaaten, dem sogenannten EU-Semester, sollte die Förderung nachhaltiger Entwicklung sowie von Wohlstand und Wohlergehen im Mittelpunkt stehen. Eine Sparpolitik zulasten der Arbeitnehmer:innen ist dezidiert abzulehnen, vielmehr bräuchte es hingegen den notwendigen Spielraum für Zukunftsinvestitionen. In diesem Zusammenhang ist eine Überarbeitung der sogenannten Schuldentragfähigkeitsanalyse dringend zu empfehlen. Auch im EU-Binnenmarkt sollte soziale Ausgewogenheit höchste Priorität haben. Zur Bekämpfung von Sozialdumping ist die Umsetzung des sozialen Fortschrittsprotokolls überfällig. Im Bereich der Handelspolitik besteht die Notwendigkeit ein stärkeres Augenmerk auf die Interessen der Vielen zu legen, unter anderem durch sanktionierbare Nachhaltigkeitskapitel.
Umfassend adressiert der Forderungskatalog das Thema Wettbewerbsfähigkeit: Um diese sozial und ökologisch nachhaltig zu stärken, müssen die Interessen der Arbeitnehmer:innen einbezogen werden, darunter die Sicherung guter Arbeitsplätze und angemessener Löhne. Eine europäische Industriepolitik, die auf Wohlstand und Beschäftigung abzielt, bildet hierfür eine wichtige Grundlage. Nachhaltige öffentliche Auftragsvergabe und eine sozial orientierte Subventionspolitik sind weitere Kernpunkte; soziale Bedingungen sind dabei als zentrale Ansatzpunkte hervorzuheben. Ein wichtiges wirtschaftspolitisches Mittel ist zudem die Unternehmensbesteuerung, wo dringend Maßnahmen wie eine einheitliche Konzernbesteuerung in der EU umgesetzt werden müssen. Aus Sicht der Konsument:innen ist die Abschaffung ungerechtfertigter Preisaufschläge auf Markenprodukte sowie ein verbesserter Schutz vor Betrug im Onlinebanking zu fordern.
Neuer Schwung für ein soziales Europa
In der vergangenen EU-Legislaturperiode 2019-2024 wurden wichtige sozialpolitische Fortschritte erzielt, darunter die Mindestlohnrichtlinie, die Plattformarbeitsrichtlinie und Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter, etwa durch Regelungen zu Lohntransparenz und die Förderung von Frauen in Aufsichtsräten. In der kommenden Legislaturperiode muss der Fokus auf der wirksamen Umsetzung dieser Rechtsakte liegen.
Gleichzeitig sind neue Initiativen notwendig, um die Europäische Säule sozialer Rechte weiter auszubauen und den europaweiten Arbeits- und Fachkräftemangel im Interesse der Arbeitnehmer:innen anzugehen. Die AK spricht sich insbesondere für verbindliche soziale Mindeststandards und Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping aus.
Den grünen und digitalen Übergang gerecht gestalten
Vor fünf Jahren präsentierten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Vizepräsident Frans Timmermans den European Green Deal, der die europäische Wirtschaft nachhaltiger und inklusiver gestalten soll. In den letzten fünf Jahren wurden bereits erhebliche Fortschritte erzielt. Zugleich rückten die geopolitischen Herausforderungen – insbesondere die Energiekrise und die Notwendigkeit einer strategischen Industriepolitik – stärker in den Vordergrund.
Nun gilt es, die soziale Dimension der grünen und digitalen Transformation hervorzustreichen. Dazu gehört ein gerechter Übergang, die Förderung der Kreislaufwirtschaft, die Gewährleistung bezahlbarer Energie, die aktive Gestaltung der Mobilitätswende, der nachhaltige Umgang mit Wasserressourcen sowie Maßnahmen für eine menschenzentrierte KI und digitale Fairness für Konsument:innen.